Sorgenkind ÖPNV
Von frohen Botschaften ist man im ÖPNV trotz aller Anstrengungen beim Ausbau des Angebots mit u.a. On-Demand-Verkehren in der Fläche und vielem mehr weit entfernt. Der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Landrat Thomas Karmasin, Fürstenfeldbruck, appellierte bei einem Termin mit dem Bayerischen Verkehrsminister Christian Bernreiter bei der Reisemesse in München mit Blick auf die Bundestagswahl am 23. Februar an die künftigen Verantwortlichen, der insgesamt unzureichenden Finanzierung des Verkehrs in Deutschland besonderes Augenmerk zu schenken: „Ein funktionierender ÖPNV ist Teil einer verlässlichen Wirtschaftspolitik und entscheidend für die Lebensqualität. Er muss allen Menschen zugänglich sein – unabhängig davon, ob sie in der Stadt oder auf dem Land zu Hause sind. Im Interesse der Bürger, die weder Auto noch Führerschein besitzen, und auch aus Gründen des Klimaschutzes ist das ÖPNV-Angebot gerade auch in der Fläche zu verbessern. Ein günstiger Tarif wie beispielsweise das Deutschlandticket darf nicht zu Lasten des Angebots gehen. Das Ticket hat das Fahrtangebot bisher keinen Deut verbessert.“
„Der ÖPNV ist in vielen bayerischen Landkreisen mittlerweile ein Sorgenkind. Wir sind vielerorts im Krisenbewältigungsmodus angelangt. Das liegt in erster Linie an einer unzureichenden Finanzierung durch den Bund. Die Einführung des Deutschlandtickets durch die Ampel-Regierung haben wir unterstützt, weil es die ÖPNV-Nutzung für die Bürger erheblich einfacher und günstiger gemacht hat. Die Bundesverantwortlichen hatten sich weder über die Umsetzung noch über die Finanzierung Gedanken gemacht. Dabei sollte im föderalen System doch grundsätzlich auch weiterhin die Maxime gelten: Wer anschafft, der zahlt“, so Karmasin.
Das bekräftigte auch der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr beim Bayerischen Landkreistag, Landrat Franz Löffler, Cham: „Das aktuelle Angebot im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kann unter den bestehenden staatlichen Bedingungen nicht aufrechterhalten werden. Verlässlichkeit, Stabilität und Planbarkeit sind entscheidend für einen funktionierenden ÖPNV. Ein günstiges Ticket nützt nichts, wenn die Busse nicht fahren.“ Löffler fordert von der neuen Bundesregierung: „Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, müssen wir den Zugang zum Busführerschein erleichtern, ausländische Führerscheine anerkennen und die Ausbildungskosten senken. Außerdem sollte der bürokratische Aufwand für die Verkehrsunternehmen deutlich reduziert werden“.
Löffler weiter: „Zusätzlich sind in den letzten 10 Jahren mit u.a. der Elektrifizierung, der Antriebswende, CO2-Neutralität oder Anpassungen an den Stundentakt des Schienenverkehrs auch auf der Landesebene kontinuierlich die Anforderungen gestiegen. Die Kosten für einen Elektrobus oder einen Wasserstoffbus belaufen sich beispielweise auf das Zweieinhalb- bis Dreifache der Kosten eines herkömmlichen Dieselbusses. Die Mittelausstattung im ÖPNV spiegelt das nicht wider. Deswegen kommen wir mit der Finanzierung vorne und hinten nicht mehr klar. Entweder wir bekommen mehr Geld durch den Freistaat Bayern oder wir müssen das Angebot zurückfahren.”
Laut VDV sind die Kosten der Verkehrsunternehmen von 2016 bis 2023 um 36,24 % gestiegen. Die Gesamtkosten im privaten Omnibusgewerbe sind laut Erhebung des LBO von 2010 bis 2023 um 50,87 % gestiegen; allein von 2014 bis 2023 um 40,72 %. Die Personalkosten machen rund 50 - 60 % der Gesamtkosten aus und sind lt. LBO seit 2010 um 42,43 % gestiegen; allein von 2019 bis 2023 um 34,56 %. Hinzu kommen kontinuierlich steigende Anforderungen wie beispielsweise die Umstellung der Antriebstechnik auf batterieelektrisch oder Wasserstoff (CVD). Die Kosten für einen Elektrobus oder einen Wasserstoffbus belaufen sich auf das Zweieinhalb- bis Dreifache der Kosten eines herkömmlichen Dieselbusses.