Milliardenschwere Investitionspakete des Bundes
Der Deutsche Landkreistag hat auf die Ankündigung neuer milliardenschwerer Investitionspakete des Bundes mit einer ersten Bewertung reagiert. Präsident Landrat Dr. Achim Brötel sagte: „CDU, CSU und SPD haben mit ihrer schnellen Teileinigung zu den geplanten Sondervermögen in den Sondierungsgesprächen ein Signal gesetzt, das für die weiteren Verhandlungen, aber auch für den dringend notwendigen Stimmungsumschwung in der Wirtschaft durchaus hoffen lässt. Angesichts der weltpolitischen Lage, aber auch der drängenden Herausforderungen im eigenen Land braucht Deutschland jetzt nämlich schnell eine stabile und handlungsfähige Regierung. Dass der erste Weg ausgerechnet über neue Schulden in gigantischer Höhe laufen soll, ist gleichwohl überraschend. Das allein kann jedenfalls nicht die Antwort sein. Wir haben deshalb vor allem drei Erwartungen für die noch bevorstehenden Koalitionsverhandlungen:
1. Wer die Backen spitzt, der muss auch pfeifen. Wenn das Geld seinen Zweck erfüllen soll, dann muss es zügig, in vollem Umfang und ohne überbürokratisierte Zuteilungsverfahren einfach und schnell dorthin kommen, wo es tatsächlich gebraucht wird, nämlich in den Kommunen vor Ort. Förderprogramme, in denen zwar Geld bereitgestellt, dann aber durch umständliche Vorgaben so gesichert wird, dass es am Ende für viele unerreichbar ist, helfen niemand.
2. Der Bund darf die neue Freiheit nicht dazu nutzen, um sich selbst aus bestehenden Investitionsprogrammen zurückzuziehen und mit dem dort eingesparten Geld weitere konsumtive Ausgaben zu finanzieren. Wenn die kreditfinanzierten Milliarden tatsächlich die Wirtschaft ankurbeln sollen, muss es vielmehr definitiv zusätzliches Geld sein.
3. Wir dürfen nicht schon wieder in den Fehler verfallen, Probleme mit Geld zuzudecken, statt sie endlich beherzt anzugehen und vor allem auch zu lösen. Die aktuellen Herausforderungen der Landkreise, Städte und Gemeinden lassen sich nämlich nicht nur auf die Infrastruktur allein reduzieren. Unser Grundproblem ist die drohende finanzielle Handlungsunfähigkeit unserer Kommunalhaushalte, die schlicht und ergreifend daher rührt, dass der Staat den Kommunen in den letzten Jahren immer mehr, immer kompliziertere und vor allem auch immer teurere Aufgaben übertragen hat, ohne für eine ausreichende Gegenfinanzierung zu sorgen. Neue Schulden im investiven Bereich lösen dieses Problem aber ganz sicher nicht. Im Gegenteil. Die finanzielle Konsolidierung des Staates wird dadurch sogar nur noch wichtiger. Wir brauchen deshalb auf der Ausgabenseite ein mutiges Bekenntnis zur Aufgabenkritik, zum Standardabbau und vor allem auch zur Entfesselung aus den Klauen einer immer mehr überbordenden, vielfach weitgehend sinnfreien Bürokratie. Und: Die Landkreise erwarten als Soziallastenträger, aber auch für die Gewährleistung der Daseinsvorsorge in vielen anderen Bereichen endlich eine grundständige, unseren Aufgaben auch tatsächlich gerecht werdende Finanzierung. Im Klartext heißt das: Ohne eine deutliche Erhöhung unseres Anteils am Aufkommen der Umsatzsteuer wird die Sache nicht funktionieren. Das muss deshalb zentraler Inhalt der Koalitionsverhandlungen sein.“
Brötel erläuterte dazu, dass die kommunale Ebene finanziell in ihrer bislang größten Krise stecke. „Daher ist es uns gerade vor dem neuerlichen Hintergrund umso wichtiger, eigene zusätzliche Steuermittel zu erhalten. Keine Frage: In die Infrastruktur muss investiert werden, denn es bestehen riesige Bedarfe z. B. in den Bereichen Verkehr, Krankenhäuser oder Bildung. Aber der Einsatz der Investitionshilfen bindet zugleich eben auch weitere kommunale Kapazitäten und Gelder, so dass der kommunale Handlungsspielraum dadurch weiter begrenzt wird, wenn nicht gleichzeitig auch die strukturelle Schieflage der Kommunalfinanzen angegangen wird.“ Investitionsprogramme lösen nämlich die kommunalen Finanzprobleme nicht, wenn es etwa um Steigerungen der Personalkosten infolge teurer Tarifabschlüsse, zusätzliche Personalbedarfe durch neue Aufgaben oder aus dem Ruder laufende Sozialausgaben geht.
Der Bund muss zudem dafür Sorge tragen, die Bedingungen des Investitionspakets so zu gestalten, dass die Mittel schnell abfließen können. „Das ist eine Frage von Verfahren und Kapazitäten, etwa in der Baubranche.“ So gesehen sei die gerade momentan besonders wichtige Aufbruchsstimmung zwingend verknüpft mit einer effektiven Lösung der Probleme vor Ort.
Schließlich steige mit den nun getroffenen Entscheidungen aber auch die Notwendigkeit, den Bundeshaushalt an anderer Stelle umgehend auf den dringend notwendigen Konsolidierungspfad zurückzubringen: „Deshalb muss schon jetzt auch die Ausgabenseite in all ihren Facetten auf den Prüfstand gestellt werden.“ Das sei unabdingbar, um Deutschland wieder nachhaltig auf den Wachstumspfad zu führen.
Und: Die kommunalen Spitzenverbände müssten zudem die Möglichkeit erhalten, in der Kommission zur Reform der Schuldenbremse mitzuarbeiten: „Wir waren schon 2009 Mitglied in der zweiten Föderalismuskommission, die damals die Schuldenbremse entwickelt hat. Von daher halten wir es für selbstverständlich, dass dies jetzt wieder so geschieht.“ Dies sei vor dem Hintergrund der europäischen Fiskalregeln sogar zwingend. (Deutscher Landkreistag)