Finanzkrise der Landkreise
Die kommunale Finanzlage in Bayern hat längst einen kritischen Punkt erreicht. Im Jahr 2023 verzeichnen die Kommunen einen negativen Finanzierungssaldo von -2,5 Milliarden Euro, der im Jahr 2024 auf -5,4 Milliarden Euro ansteigt. Diese Negativrekorde sind nicht nur Zahlen, sie sind das Ergebnis eines strukturellen Problems, das dringend angegangen werden muss. Das war das Fazit des Austauschs der Landräte, die Mitglied im Ausschuss für Finanzen und Sparkassen beim Bayerischen Landkreistag sind, mit dem Bayerischen Staatsminister der Finanzen und für Heimat, Albert Füracker, MdL, am 3. Juni.
Der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Landrat Thomas Karmasin, Fürstenfeldbruck, führte aus: „Das Ungleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen ist besorgniserregend. In den letzten fünf Jahren haben sich die Kostenunterdeckungen für staatliche und übertragene Aufgaben mehr als verdoppelt, was auf die strukturellen Mängel im Finanzsystem hinweist. Die kommunalen Steuereinnahmen sind im Jahr 2024 nur um 1,3 % gestiegen, während allein die Ausgaben für Soziales um 13 % zugenommen haben.“
Landrat Stefan Rößle, Donau-Ries, Vorsitzender des Finanzausschusses ergänzte: „Die Ursachen der kommunalen Finanzkrise sind klar: Die Kommunen sehen sich mit einem Anstieg der Ausgaben konfrontiert, der weit über den verfügbaren Einnahmen liegt. Diese Ausgabensteigerungen, gerade im sozialen Bereich, sind insbesondere auf Vorgaben des Bundes zurückzuführen, die nicht angemessen finanziert werden. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung enthält leider keine konkreten Maßnahmen, um diese Probleme anzugehen. Es gibt keine Aussagen zu einem Abbau der Aufgaben und Standards, die die Kommunen überlasten.“
Karmasin forderte: „Die Finanzsituation der Kommunen ist nicht nur eine Zahlenfrage, sondern betrifft das tägliche Leben der Bürger. Unseren Sparanstrengungen sind Grenzen gesetzt, weil zahlreiche Aufgaben und Standards gesetzlich erfüllt werden müssen, so dass wir den Rotstift im freiwilligen Bereich ansetzen müssen. Das betrifft beispielsweise die Einsparungen bei Linien oder die Einschränkung der Taktfrequenz im ÖPNV. Durch fehlendes, nicht zu finanzierendes Personal müssen die Bürger längere Bearbeitungszeiten in Kauf nehmen. Und wir müssen notwendige Investitionen zu Lasten der kommunalen Infrastruktur zurückstellen. Zusätzlich macht sich die strukturelle Schieflage der Kommunalfinanzen in einer steigenden kommunalen Verschuldung bemerkbar, zu Lasten künftiger Generationen. Allein von 2019 bis 2023 ist der Schuldenstand der bayerischen Kommunen um 5,4 Mrd. € auf 22,1 Mrd. € (+ 33 %) angestiegen. Um die Handlungsfähigkeit der Kommunen zu sichern, ist ein sofortiges Handeln auf Bundesebene notwendig. Der Bund muss Verantwortung übernehmen und eine aufgabenadäquate Finanzausstattung für die Kommunen sicherstellen oder - besser - konsequent den Abbau von Aufgaben angehen. Es besteht dringender Handlungsbedarf, der insbesondere durch einen konsequenten Abbau der Aufgaben angegangen werden muss.“
Der Bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder, MdL, hatte den Landräten Anfang Mai zugesagt, dass der überwiegende Teil der Mittel aus dem Sondervermögen des Bundes in die kommunale Infrastruktur gesteckt werden soll. Von dem Sondervermögen Infrastruktur mit einem Gesamtvolumen von 500 Mrd. Euro sind 100 Mrd. Euro für Länder und Kommunen vorgesehen. Die Landkreise fordern, dass mindestens 70 % des Geldes bei den Kommunen ankommen muss, nachdem diese 70 % der Investitionen stemmen. Karmasin dazu: „Das ist ein ausgesprochen gutes Signal, um die Symptome zu bekämpfen. Wichtig wäre, dass der Bund auch die Ursachen anpackt!“
Albert Füracker, Bayerischer Finanz- und Heimatminister: „Der Freistaat Bayern und die Kommunen stehen vor vielen gemeinsamen Herausforderungen, die wir Hand in Hand lösen. Eine funktionierende kommunale Selbstverwaltung ist dabei ebenso unerlässlich wie eine angemessene Finanzausstattung. Im Jahr 2025 fließen deshalb über 22 Mrd. Euro, fast 30 % des bayerischen Staatshaushalts, an unsere Kommunen. Diese Mittel sind entscheidend, um die Leistungsfähigkeit der Kommunen zu sichern und ihre wichtige Rolle in der Gesellschaft zu stärken. Die Zusammenarbeit zwischen Freistaat und Kommunen ist in diesen herausfordernden Zeiten wichtiger denn je. Nur gemeinsam können wir die anstehenden Herausforderungen meistern und die Zukunft unserer Landkreise konstruktiv gestalten!“